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Persönliche Ansichten


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Verdammt, jetzt bin ich glücklich – ich wollte doch reich werden!

Vor einiger Zeit bekam ich wieder einmal eine Einladung zu einem „speziellen“ Daimoku Toso. Als Daimoku Toso wird das Chanten von Nam-Myoho-Renge-Kyo über mindestens eine Stunde bezeichnet. Oft dauert ein Daimoku Toso einen halben oder ganzen Tag. Die Einladung ging an mehrere Gruppen und sollte vorrangig nur einem Zweck dienen: Dem Chanten für ein materielles Gut, genauer gesagt, für einen der acht Winde (Gewinn, dem Glück, etwas zu bekommen).

So gerne ich das auch glauben möchte: Ich halte nichts von dieser Praxis, die bei einigen sehr beliebt zu sein scheint. Sie hat viel Ähnlichkeit mit dem Esoterik-Schwachsinn „Bestellung beim Universum“. Für mich geht es beim Buddhismus noch immer um persönliche Entwicklung und unzerstörbares Glück, das eben nicht von den acht Winden abhängig ist.

Ein wirklich weiser Mensch wird sich nicht von auch nur einem der acht Winde beeinflussen lassen: Wohlstand, Verschlechterung, Schande, Ehre, Lob, Tadel, Leiden und Freude. Er ist weder von Wohlstand berauscht, noch grämt er sich über die Verschlechterung. Die himmlischen Götter werden mit Sicherheit denjenigen beschützen, der sich nicht den acht Winden beugt.

Nichiren, Gosho “Die acht Winde”, https://www.nichirenlibrary.org/en/wnd-1/Content/95

Die betreffenden Mitglieder der SGI-D befinden sich mit ihrer Einstellung in bester Gesellschaft. Auch für Ole Nydahl ist Wohlstand eine Folge von korrekt praktiziertem Buddhismus und für evangelikale Christen stellt Wohlstand einen tatsächlichen Beweis der Liebe Gottes dar. Auch die SGI redet ja immer wieder von einem „tatsächlichen Beweis“ der Lehre. Wirklich zum Schmunzeln ist da folgende Erhebung zur Soziologie amerikanischer Mitglieder der SGI (SGI-USA). Von saibhu stammt der witzige Kommentar „Verdammt, jetzt bin ich glücklich – ich wollte doch reich werden!“ zu diesem Thema.

Auffallend ist in der Tat der krasse Unterschied zwischen Erwartung und Ergebnis der Praxis. Bei materiellen Erwartungen ist das erzielte Ergebnis kaum erwähnenswert. Bei den Themen Wohlbefinden und Erleuchtung liegt das Ergebnis allerdings um ein Vielfaches höher als die Erwartung. Die Erklärung der Differenz zwischen Absicht und Zielerreichung lässt mich dann wieder aufatmen: Nur ein geringer Prozentsatz glaubt, dass er falsch praktiziert habe. Da meldet sich dann doch der höhere Bildungsgrad der Mitglieder der SGI-USA, der laut Erhebung höher als der amerikanische Durchschnitt ist.

Absicht beim „Chanting“ Mehrfachnennungen waren möglich in Klammer: Prozentsatz derer, die durch Chanting ein solches Ziel erreicht zu haben glauben:

  • 19% finanzieller Erfolg (5%)
  • 21% andere materielle Güter (neues Haus, Auto usw.) (1%)
  • 13% psychisches Wohlbefinden (50%)
  • 27% Gesundheit (12%)
  • 48% Berufserfolg (6%)
  • 40% bessere persönliche Beziehungen (16%)
  • 2% Erleuchtung, Glaube (12%)
  • 6% Karma, der Neue Mensch (25%)
  • 2% Weltfrieden

Die Differenz zwischen Absicht und Zielerreichung erklärt man so:

  • 23% „Die Absicht war nicht vereinbar mit dem nachhaltigen Glück, bzw. der Buddhaschaft“
  • 4% „Für Manche Absichten nützt Chanting nichts“
  • 36% „Ich muss wahrscheinlich zuerst zum Neuen Menschen werden bevor ich meine Absicht erreiche“
  • 8% „Ich habe nicht richtig praktiziert“
  • 29% andere Begründungen

via Materialien zum Neobuddhismus: Soka Gakkai in Amerika.


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Homophobie in Sachsen und Schwulenfeindlichkeit im Theravada-Buddhismus

Stop HomophobieDer Wind wird rauher. In den USA dürfen sich schwule Männer in einigen Staaten nicht in der Öffentlichkeit küssen. In Russland wird ein Gesetz verabschiedet, das den Menschen und Organisationen verbietet, öffentlich über Homosexualität, Bisexualität und Transsexualität zu reden oder zu schreiben. Erste Verhaftungen finden gerade statt. (1) In vielen arabischen und afrikanischen Staaten steht auf Homosexualität die Todesstrafe. Umfragen zufolge ist die Mehrheit der Deutschen negativ gegenüber Homosexuellen eingestellt.

Es gibt noch westliche Länder (wie Rußland), von den islamischen Ländern mal ganz zu schweigen, die Farbe bekennen zu Homosexualität. Auch in Deutschland denkt die Mehrheit der Bevölkerung so, sie getraut es sich nur (noch nicht) zu sagen. (…) Leute wie Sie Herr Beck braucht das deutsche Wählervolk beim besten Willen nicht.

Nein, das ist kein Zitat eines NPD-Politikers, sondern ein Ausschnitt einer Email an Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) von der sächsischen Stadträtin Cordula Drechsler, die für die FDP in den Stadtrat von Bad Lausick gewählt wurde. Cordula Drechsler beendete ihre Email vom 29. März 2012 mit „heterosexuellen Grüßen“. (2)

Mit Schwulenfeindlichkeit kennen sich der Dalai Lama und Ole Nydahl, der sich selber Lama nennt, auch aus. Theravada-Mönche entblöden sich ebenfalls nicht, ihre Homophobie buddhistisch zu begründen. Eine Tragödie, für die ein Theravada-Mönch aus Taiwan die Verantwortung trägt, kannst du bei Shravasti Dhammika nachlesen. Das bedauernswerte Opfer dieses Mönchs stammte aus Singapur. Dort wird Homosexualität mit zehn 10 Jahren Gefängnis, höher als für Totschlag, bestraft. Ein buddhistischer Mönch aus Taiwan, Homosexualität ist dort legal und die Diskriminierung Homosexueller durch ein Gesetz verboten, predigt einem schwulen jungen Mann aus Singapur, wo Homosexualität mit Gefängnis bestraft wird, dass dieser in der untersten Hölle wiedergeboren und dort für Äonen in Kot gekocht würde. Ein unmenschliches und niederträchtiges Verhalten!

» Schwulenfeindlichkeit im Theravada-Buddhismus: A Gay Tragedy (englisch)

Vier Tage zuvor, vielleicht nur ein paar Stunden, nachdem er mich angerufen hatte, war Julian am späten Abend in einen Park im Stadtzentrum von Singapur gegangen, hatte eine Überdosis Schlaftabletten genommen und wurde am folgenden Morgen tot aufgefunden. In seiner Kleidung fand man einen kurzen Abschiedsbrief, aber über dessen Inhalt wurden keine Angaben gemacht. Der Kummer überwältigte mich. Der Gedanke an ihn, wie er dort völlig allein gelassen dalag, voller Selbsthass und in Verzweiflung sich selbst tötete, brachte mich fast zum Weinen. Doch bald stieg Zorn in mir auf und wurde immer größer, bis er meine Traurigkeit vollständig verdrängt hatte. Ich stellte mir den taiwanesischen Mönch vor, wie er unbekümmert seine ignorante und letztendlich vergiftende Ansicht von sich gab, bevor er fort eilte, um eine Predigt über Mitgefühl zu halten oder die Verehrung der Menge entgegen zu nehmen. Ich wurde so wütend, dass ich den Entschluss fasste, ihm einen Brief zu schreiben und ihm mitzuteilen, wofür er da verantwortlich war.

Die deutsche Übersetzung des englischen Artikels von Shravasti Dhammika kannst du im Blog von Herbert Rusche lesen. Shravasti Dhammika ist auch der Autor von The Broken Buddha, Kritische Reflexionen über den Theravada und Plädoyer für einen Neuen Buddhismus (deutsch) (gibt es auch als ausführliches Buch).

In diesem Buch zeigt Shravasti Dhammika, dass Westler häufig romantische und idealisierende Vorstellungen von den buddhistischen monastischen Traditionen Asiens haben. Die Wirklichkeit ist eine ganz andere. Er beschreibt, wie das starre Festhalten an einem Regelwerk zu Doppelmoral, Missbrauch und Korruption führt. Es geht in der Folge mehr um Schein als Sein und die Praxis des Mitgefühls bleibt auf der Strecke.

(1) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,826173,00.html
(2) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,826025,00.html


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Die buddhistische Haltung zum Klonen des Menschen

Der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Jens Schlieter legt in seinem Aufsatz „Die buddhistische Haltung zum Klonen des Menschen“ dar, warum die ablehnende Haltung der Deutschen Buddhistischen Union zum Klonen des Menschen eher dem common sense des europäischen Humanismus entspricht als einer traditionellen buddhistischen Ethik. Nach Prof. Dr. Jens Schlieter besitzt der Buddhismus keine Argumente und Vorschriften gegen das Klonen oder den Eingriff in die Keimbahn des Menschen. Die buddhistische Ethik deckt dieses Thema in keiner Art und Weise ab. In meinen Augen ist das ein weiteres, sehr gutes Argument für uns europäische Buddhisten, den asiatischen Buddhismus auf den Prüftstand zu stellen. Wir dürfen nicht gedankenlos überkommende Vorschriften und Regeln kopieren und damit das Erbe der Aufklärung, die Grundlage unserer geistigen Freiheit, preisgeben.


Richard Dawkins über Atheismus und Religion

„Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins ist ein tolles Buch, das ich sehr gerne gelesen habe. Aber Richard Dawkins schreibt anscheinend nicht nur gute Bücher, sondern kann auch leidenschaftliche, amüsante und kraftvolle Vorträge halten. In diesem Vortrag über Atheismus und Religion kann das Wort „Gott“ ohne Probleme durch Begriffe wie „Karma“ oder „Reinkarnation“, die gerne pseudowissenschaftlich gebraucht werden, ersetzt werden. Der Vortrag hat deutsche Untertitel.


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Säkularer Buddhismus, Thanissaro Bhikkhu und die Reinkarnation

In meinem Beitrag „Plädoyer für einen säkularen Buddhismus ohne Reinkarnation“ stelle ich mir die Frage nach den Dingen hinter Doktrinen wie der Reinkarnation. Diese stellt für mich nur ein geschicktes Mittel, Upaya, dar. Dieses geschickte Mittel ist notwendig, wenn Menschen nicht die ethische Reife oder Größe haben, ohne die harte Drohung einer negativen Konsequenz für die eigene Person ein besseres Verhalten zu zeigen. Die Theorie von der Reinkarnation ist aber Unsinn, weil das personelle „Ich“ den Tod nicht überlebt. Selbst wenn ich buddhistischen Mythen glauben schenke, dass ein Buddha sich an seine Vorleben erinnert, ist die Lehre von der Reinkarnation Bullshit. Wenn ein Buddha sich an alle Vorleben erinnern kann, so kann ein normaler Sterblicher das nicht. Die Erinnerung an Vorleben ist nach manchen buddhistischen Mythen ein Kennzeichen des Buddha. Bin ich ein Buddha, habe ich gutes Karma angehäuft, muss mich vor negativen karmischen Konsequenzen also nicht fürchten. Bin ich kein Buddha, muss ich mich vor negativen karmischen Konsequenzen ebenfalls nicht fürchten, da sich mein neues „Ich“ nicht an meine Vorleben erinnern kann. Ein schicker Zirkelschluss. Verschieden Mahayana-Schulen haben das erkannt und verzichten wenigstens auf die Lehre einer personellen Wiedergeburt. Dort wird nur das neunte Tiefenbewusstsein, Amala, wiedergeboren.

Leider gibt es im Buddhismus des deutschsprachigen Raums nur wenige, die diesen offensichtlichen Widerspruch ansprechen und diskutieren. Der deutschsprachige Buddhismus erschöpft sich oft darin, überholte Verhaltensvorschriften zu kopieren und das Gehirn abzustellen. Aus Bequemlichkeit und Denkfaulheit wird alles an einen Meister abgegeben. Ein Meister, der viele Bücher schreibt, ist Thanissaro Bhikkhu. Er versucht in seinem Aufsatz „The Truth of Rebirth“, die Notwendigkeit und die naturgegebene Richtigkeit der Lehre von der Reinkarnation zu beweisen. Das gelingt ihm auffallend schlecht. Warum ihm das so schlecht gelingt, legt Mark Knickelbine auf dem Blog der Secular Buddhist Association dar. Auch wenn man nicht gut Englisch spricht, lohnt es sich, ein Dictionary zur Hilfe zu nehmen und die Besprechung durchzuarbeiten. Ich empfehle dict.cc.

Der Besprechung möchte ich noch Folgendes hinzufügen.

Thanissaro Bhikkhu schreibt:

Prior to awakening, you can’t know these things for sure, but as the Buddha states, if you want to gain awakening and to minimize suffering in the meantime, it’s wisest to assume these principles as working hypotheses.

Wenn die Menschheit nach dieser Maxime gehandelt hätte, gäbe es kein Rad und wir würden nicht mit Feuer kochen. Wozu sollte man Dinge kochen, wenn doch vieles auch roh geniessbar ist? Wozu sollte man das Rad benutzen, wenn man die Dinge auch durch den Dreck schleifen kann? Einer bestimmten Theorie folgend haben die Menschen in Europa eine so rasante technische Entwicklung hingelegt, weil die Menschen das Getreide mahlen mussten. Es ist ungemahlen nicht so nahrhaft wie Reis, der nicht gemahlen werden muss. Unsere technische Entwicklung beruht auf der Notwendig von technischen Erfindungen zur Nahrungsgewinnung wie der Mühle. Klar, wir hätten auch Jäger und Sammler bleiben können…

Thanissaro Bhikkhu schreibt auch:

This motivation is necessary, for while people are not innately bad, they are also not innately good . . . To develop skillful qualities, people need to see the dangers of unskillful behavior and the advantages of skillful behavior.

YouAuf diese Weise benutzt der buddhistische Mönch Thanissaro Bhikkhu mein Argument gegen die Reinkarnation als Argument für die Reinkarnation. Im Klartext sagt er genau das, was ich auch behaupte. Die Lehre der Reinkarnation ist eine Hilfe für Menschen, die ethisch nicht genug entwickelt sind oder nicht genug Intelligenz besitzen. Ihnen kann man mit einer schlechten Reinkarnation drohen und versuchen, sie damit zu einem ethisch besseren Verhalten zu motivieren.

Was denkst du? Hast du auch eine solche Drohung nötig? Musst du auch durch Angst gezwungen werden, dich ethisch korrekter zu verhalten?